Der Filmemacher Arash: Politik mit Witz
Mit neun Jahren flüchtete der kleine Arash T. Riahi mit seinen Eltern aus dem Iran nach Österreich. Heute ist er 36 und einer der interessantesten Filmregisseure des Landes. Im Jänner wird sein großer Spielfilm „Ein Augenblick, Freiheit“ anlaufen. Text: Ernst Pohn
Eine Gruppe von Menschen auf der Flucht aus dem Iran. Lange sitzen sie in einer Grenzstadt in der Türkei fest. Banges Warten auf das Visum, nicht alle werden es tatsächlich nach Europa schaffen. “Ein Augenblick Freiheit” ist der erste Spielfilm von Arash T. Riahi, eine Geschichte, die stark durch eigene Erfahrungen gefärbt ist. Im Alter von neun Jahren flüchtete Arash mit seinen Eltern aus dem Iran nach Österreich. Sein Vater, ein kritischer Humanist, der als Lehrer stets für seine Ideale eingestanden ist, verbrachte davor mehrere Jahre im Gefängnis. Als Grund genügte dem Regime des Schah von Persien u.a. der Besitz eines Kinderbuchs vom kleinen schwarzen Fisch, der gegen den Strom schwimmen wollte.
Er selbst, erzählt Arash, lernte so schon früh die Folgen unmenschlicher Politik kennen. Bis heute prägten diese Erfahrungen sein politisches Bewusstsein. Das Privileg, mehrere Millionen Euro für den ersten Spielfilm – Arash drehte davor bereits zwei Dokumentarfilme – verwenden zu können, wollte er ganz bewusst nutzen. Um ein Werk zu schaffen, das gesellschaftliche Relevanz hat und bei Publikum etwas bewegen kann. Es war ihm wichtig, zu zeigen, welch unglaubliche Anstrengungen Menschen in Kauf nehmen, um ein Stück Freiheit zu erlangen. Die dreimonatige Flucht nach Europa traten seine Eltern vor 27 Jahren ohne Arash’s jüngere Geschwister an. Sie blieben damals im Iran bei den Großeltern und kamen später mit Bekannten nach Österreich. Ihre Flucht ist eine jener drei Handlungsstränge, die „Ein Augenblick Freiheit“ erzählt.
Arash selbst fand sich nach der Flucht als Bub in Wien rasch zurecht. So wie sich viele Kinder mit Umstellungen leichter tun als Erwachsene. Er lernte Deutsch, kam bald ins Gymnasium und begann nach der Matura Medizin zu studieren. Seine ersten Gehversuche beim Film machte der heute 36-Jährige als Schüler mit selbst gedrehten Kurzfilmen. Die großen Erwartungen bei der Teilnahme am Schülerfestival wurden anfänglich durch die gnadenlose Kritik der Jury zunichte gemacht. Mit den Jahren vermochten seine Filme aber mehr und mehr zu überzeugen, bis er schließlich den Wettbewerb gewann. Erste professionelle Erfahrungen sammelte er in der ORF-Jugendredaktion.
Sein Durchbruch als Regisseur gelang ihm mit „Exile Family Movie“. Mehrfach ausgezeichnet, gewährt der Dokumentarfilm über ein geheimes und absurdes Familientreffen in Saudi Arabien intime Einblicke auf berührende, witzige Weise. Lachen, sagt Arash, sei für ihn ganz besonders wichtig, weil damit auch die Gehirne geöffnet würden für andere, kritische und schwerer vermittelbare Inhalte. Arash selbst bezeichnet sich als „Kinosüchtigen“, trotz eines Haufens Arbeit in seiner Produktionsfirma lässt er keine Woche ohne mindestens einen Kinobesuch aus. Bei so viel Filmbegeisterung verwundert es, dass er bei freier Wahl lieber mehr Talent als Musiker gehabt hätte. So lauscht er einfach nur, oft während der Arbeit.
Arash bezeichnet sich selbst als Vielarbeiter. Müde wird er nie. Deshalb bastelt er neben seinen Filmen auch so gern an der Entwicklung der „Golden Girls“. So heißt die Produktionsfirma, die er gemeinsam mit zwei Partnern seit mittlerweile elf Jahren führt. Kürzlich nahm er sogar wieder sein Studium der Film- und Theaterwissenschaft auf. Er könnte es auch gemütlicher haben, meint er. Aber die Rolle muss der Vielarbeiter wohl anderen überlassen.