Wir nennen es normal
Was in Zuwanderergesellschaften kritisiert wird, ist bei uns schon lange normal: Männer, ob auf der Regierungsbank oder in Chefetagen haben das Sagen. Nur es fällt nicht auf – es ist ganz normal.
Liebe Leserin, Lieber Leser
Beton gegen Menschenrecht... Das ist Härte. Wundern Sie sich nicht, ein paar Buchstaben sind uns im Titel eben weg gebrochen. MOMENT heißt fortan MO, das aber für immer und ewig. Die Verkürzung ist nicht allein auf unsere Bescheidenheit zurückzuführen.
Ein Floridsdorfer Bezirksblatt aus dem Baugewerbe hat uns freundlich aber nachdrücklich aufgefordert, die langjährige Namensgleichheit zu beenden. Somit passiert. Was lesen Sie in dieser Ausgabe? Einiges über das Patriarchat, das sich begrifflich zwar altmodisch ausnimmt, aber keineswegs aus der Mode gekommen ist. Die Normalität und damit gegebene Unsichtbarkeit einer männlich dominierten Gesellschaft beleuchtet Edith Meinhart. Sie wundert sich, warum ein Blick auf die Regierungsbank, den Nationalrat, auf ORF-Diskussionsrunden oder Vorstandsetagen von Wirtschaftsunternehmen fast nur Männer zum Vorschein bringt. Oder das Frauenskiteam des ÖFB, das – trotz vieler Weltmeisterinnen – keine Trainerin angestellt hat. Oder die Volkszählung: erst vor wenigen Jahren wurde der Passus "Haushaltsvorstand" gestrichen.
Familie, Bildung, Politik – alles in männlicher Hand? Die offensichtliche Schieflage gesellschaftlicher Verhältnisse bewog Maria Sterkl zu einem Gespräch mit der Kulturwissenschafterin Christine von Braun. Sie geht der Frage nach, wieso Zuwanderergesellschaften für patriarchale Ordnungen kritisiert werden, die auch die eigene Mehrheitsgesellschaft prägen. Dass sich besonders konservative Männer mit Kritik hervortun, ist für Vina Yun in ihrem Beitrag nur eine Note am Rande. Was lesen Sie noch in dieser Ausgabe: Die Menschenrechtsanwältin Nadja Lorenz erzählt Michael Weiß, wie sie ihre KlientInnen aus Tschetschenien erlebt. Und Eva Bachinger ist dem verzweigten Netzwerk Machowetz nachgegangen, seines Zeichens Security-Chef, ÖVP-Kämmerer und Unternehmer mit rechtem Hintergrund.
Spannende Momente wünscht
Gunnar Landsgesell