Ein Recht darauf zu bleiben
Christian Schörkhuber sorgte dafür, dass Arigona Zogaj ihre Schule fortsetzen konnte. Die mediale Präsenz der Familie beurteilt der Chef der Volkshilfe Oberösterreich als zwiespältig. Sie haben den Zogajs letzlich geschadet – aber auch eine Bleiberechtsbewegung ausgelöst. Text: Andreas Bachmann, Bild: Schörkhuber
Auf die Innenministerin ist Christian Schörkhuber nicht gut zu sprechen. „Ich glaube Maria Fekter ist genervt von Arigona“, sagt der 46-jährige Geschäftsführer der Volkshilfe Oberösterreich. Die Ministerin hat eine Situation übernommen, die sich mit der harten Hand auch nicht so einfach lösen lässt. Schörkhuber betreut die Familie von Arigona Zogaj, seitdem die junge Frau im Herbst 2007 vor der ihr drohenden Abschiebung geflüchtet und anschließend untergetaucht ist. Schörkhuber sorgte mittlerweile dafür, dass Arigona ihren Bildungsweg an einer Schule für Wirtschaftsberufe in Linz fortsetzen kann. Und er kümmerte sich um psychologische Betreuung der Mutter von Arigona, die nach dem Zugriff der Fremdenpolizei zwei Mal versuchte, sich das Leben zu nehmen.
Zuletzt erhielt die Familie mediale Öffentlichkeit, als die beiden älteren Brüder Arigonas im Spätherbst 2008 gemeinsam mit den zwei jüngeren Geschwistern über Ungarn nach Österreich mithilfe von Schleppern einreisten. Christian Schörkhuber war an der Aktion weder beteiligt, noch hat er sie begrüßt, wie er erklärt. Denn: „Dadurch konnte die Familie weiter kriminalisiert werden.“ Für die Zogajs selbst habe sich die öffentliche Präsenz in den Medien nicht unbedingt als positiv erwiesen, glaubt der Volkshilfe-Mann: „Sonst gäbe es sicherlich schon einen positiven Bescheid.“ Schörkhuber ist überzeugt, dass Innenministerin Maria Fekter den Fall inzwischen auch persönlich nimmt. Erhielte Arigona ein Bleiberecht, „dann wirkt Fekter wie die Verliererin. Und das möchte sie vermeiden.“ Doch die Aufmerksamkeit habe auch ihr Gutes: „Der Fall Zogaj hat dazu geführt, dass eine Bleiberechtsbewegung entstanden ist.“
Mit der Volkshilfe betreut Schörkhuber über 2.500 Flüchtlinge in Oberösterreich. Er ist ihr erster Ansprechpartner, Sozialberater und Vermittler gegenüber den Behörden. Seit dem Fall Arigona melden sich immer wieder Eltern bei ihm, die nicht verstehen, warum SportkollegInnen oder MitschülerInnen ihrer Kinder nicht bleiben dürfen, wo sie aufgewachsen sind. Dieser Unmut wie auch öffentliche Stellungnahmen habe Auswirkungen gezeigt: „Die Behörden sind sensibilisiert worden.“, glaubt Schörkhuber und ortet eine geänderte Handlungspraxis.
Kurz nach Ausbruch des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien, war er unter den Ersten, die mit Medikamenten nach Bosnien fuhren, um der Bevölkerung im Kriegsgebiet zu helfen. „Es war mir immer ein Anliegen, die Situation direkt vor Ort zu sehen. Auch um die Menschen besser zu verstehen.“, erzählt der humanitäre Helfer. In Steyr geboren, in einer Familie aus dem „typischen Arbeitermilieu“ aufgewachsen, absolvierte Schörkhuber eine Ausbildung zum Elektroinstallateur. Lange Jahre engagierte er sich in der Sozialistischen Jugend (SJ). „Ich war aber immer stärker in sozialen Bewegungen als in der Partei selbst verankert.“, erinnert sich Schörkhuber an sein vielseitiges frühes Engagement.
1993 nahm er schließlich die Stelle bei der Volkshilfe an. Nebenbei ließ er sich zum Sozialmanager ausbilden. „Wenn Leute auf mich zukommen, denen wir vor Jahren geholfen haben und sich bei mir bedanken, dann ist mir das eine große Freude.“, sagt der Vater einer 14-Jährigen. Im vergangenen Dezember erhielt der Volkshilfe-Chef den Grün-Preis für soziales Engagement. Eine Ehrung, die Schörkhuber besonders freut.
Wie geht es nun mit der ehemals glücklichen Familie Zogaj weiter? Im Februar hat der Ministerrat den Entwurf für ein neues Bleiberecht passiert, der AsylwerberInnen immerhin ermöglicht, den Antrag auf humanitäres Bleiberecht selbst zu stellen. Eine Stichtaglösung für Flüchtlinge wie die Zogajs fehlt dennoch. Schörkhuber fordert: „Wer fünf Jahre hier lebt, der darf auch bleiben.“ Und das Bleiberecht für die Zogajs? Schörkhuber: „Die Innenministerin müsste verstehen, dass das keine Niederlage wäre, sondern von menschlicher Größe zeugen würde.“