Demokratie reparieren
Liebe Leserin
Lieber Leser
Ginge es nach dem gewandelten Postfaschisten Gianfranco Fini, hätten Zugewanderte, die zumindest sechs Jahre in Italien ihren Lebensmittelpunkt haben, ein aktives und passives Stimmrecht auf kommunaler Ebene. In Wien könnten nach Fini’s Staatsraison all jene MigrantInnen im Oktober also völlig gleichberechtigt an den Wahlen teilnehmen. Eigentlich war es vor acht Jahren ohnehin schon so weit gewesen. Doch FPÖVP brachte erfolgreich Beschwerde gegen die von einer SPÖ-Grünen Allianz beschlossene Novelle ein. 2004 kippte der Verfassungsgerichtshof den Demokratisierungsversuch des Wahlrechts mit der Begründung, hier würde gegen das Homogenitätsprinzip verstoßen. Im Oktober wird man also wieder homogen wählen und „unter sich“ bleiben. Was dadurch bewahrt oder verhindert wurde? Um das zu verstehen müsste man in die Köpfe jener schauen, die hier einen Sieg der Demokratie feiern. Wer ein Zeichen setzen will, kann sich aber in einer ganz simplen Aktion mit einem Stimmlosen zusammentun und einen „Wahlwechsel“ vornehmen. Mehr dazu in dieser Ausgabe.
Der Titel dieses Heftes ist übrigens weder ironisch noch als Status quo zu verstehen. Wir haben vielmehr einige BewohnerInnen dieser Stadt eingeladen, ein paar fordernde Gedanken darzulegen, um während des Populismusjubels auch ein paar echte Stimmen zu hören. Zu diesen Stimmen gehört sicherlich auch die von Hubert Feichtlbauer, einem, wie man gerne sagt, über viele Jahrzehnte unbestechlichen Zeugen des Zeitgeschehens, egal ob als Kirchenreformer oder Chefredakteur. Er ist auch einer der ProponentInnen der Initiative „machen wir uns stark“, die am 18. September zu einer Demokratisierung der Politik auf den Heldenplatz lädt. Was die Zivilgesellschaft alles darf, gibt Feichtlbauer auf den nächsten Seiten preis.
Spannende Momente wünscht
Gunnar Landsgesell