„Irre, einfach irre!!!“
Wie die Rechten mit Falschmeldungen auf Stimmenfang gehen.
Sie zählen zu den politischen Waffen, über die in der Öffentlichkeit kaum gesprochen wird. Manchmal geht es um Tierschutz, manchmal um lustige oder halblustige Bilder, oft geht es aber auch um Hetze. Die Rede ist von Kettenmails. Es vergeht kein Monat, in dem nicht ein neues Mail gegen „die Asylanten“, „die Türken“ oder „ausländische Sozialschmarotzer“ in Umlauf gebracht wird.
Die Kettenmail-InitiatorInnen halten sich dabei strikt an alle Regeln der unkooperativen Informationsweitergabe: sie verbreiten unvollständige, nicht verifizierbare und häufig schlicht unwahre Informationen. Markige Betreffzeilen wie „Ist ja irre!“, „Ohne Worte, mir hat es die Sprache verschlagen!“, „Das darf doch nicht wahr sein!“ sollen Betroffenheit und Authentizität vermitteln. Besonders perfide: Um den Inhalten der Mails offiziellen Charakter zu verleihen, wird oftmals eine (falsche) behördliche Absenderadresse angegeben.
Doch woher kommen die Kettenmails wirklich? In den vergangenen Jahren haben sich einige Blogs etabliert, in denen nichts anderes getan wird, als gegen Asylsuchende, ZuwandererInnen, MuslimInnen und auch gegen Menschenrechtsorganisationen Stimmung zu machen. Durch die Beschreibung apokalyptischer Zustände und die Warnung vor dem drohenden Untergang „unseres Abendlandes“ soll die Angst vor einem im Gang befindlichen Identitätsraub geschürt werden. Oft stehen diese Blogs in einem Naheverhältnis zur FPÖ. Und vielfach sind diese Blogs der inhaltliche Ausgangspunkt für Kettenmails.
Zweimal hat SOS Mitmensch in den letzten Monaten eine Gegenkampagne gegen Asyllügen, die via Kettenmails und via Facebook verbreitet wurden, gestartet. Unter anderem hatte auch FPÖ-Obmann Strache (aus Neonazikreisen stammendes) Anti-Asyl-Propagandamaterial verbreitet und beworben. Doch so plötzlich, wie die rechten Kampagnen auftauchen, verschwinden sie wieder und werden bald darauf von neuen abgelöst.
Derzeit kursiert ein Kettenmail, das sich gegen „die Türken" in Österreich richtet, denen aufgrund ihres „untragbaren“ Verhaltens „endgültig die Freundschaft aufgekündigt wird“. In einem anderen Kettenmail wird behauptet, die Grünen und SOS Mitmensch würden dafür eintreten, dass Asylsuchende mehr Geld als österreichische Pensionistinnen und Pensionisten erhalten sollen.
Diesem Spuk beizukommen ist nicht einfach. Der Kick, absurde Falschmeldungen weiter zu leiten und sich über „überprivilegierte Asylanten“ oder „Gutmenschen, die jeden Bezug zur Wirklichkeit verloren haben“ zu empören, ist oft wesentlich größer, als die Motivation, eine aufklärende Meldung zu verschicken.
Dennoch gibt es einige Dinge, die wir tun können, um die Erfolgschancen diffamierender Kettenmails zu mindern:
1. Kettenmails sollte grundsätzlich misstraut werden. Je dramatischer die darin enthaltene Meldung ist, desto mehr Skepsis bezüglich deren Wahrheitsgehalt ist angebracht.
2. Im Fall der Fälle bei kompetenten Stellen oder bei den Personen und Organisationen, die „angeschüttet“ werden, nachfragen.
3. Die Massenmedien tragen große Verantwortung: Sie haben es in der Hand, über hetzerische Kettenfalschmails aufzuklären und vorab die Menschen mit jenen Infos zu versorgen, um sie weitgehend immun gegen aufwiegelnde Desinformation zu machen. Dieser Verantwortung müssen Medien nachkommen.
4. Sobald klar ist, dass eine Falschmeldung verbreitet wird, ist es wichtig, aktiv gegenzusteuern. „Bitte, wenn geht, so oft wie möglich versenden!", steht am Ende vieler Kettenmails. Bitte, aufklärende Infos so weit als möglich verbreiten.