D wie Durchsetzung
Als Soko-Leiter ließ Erich Zwettler erst TierschützerInnen und später vier Uni-brennt-AktivistInnen umfassend überwachen. Im Dezember gab der Verfassungsschützer Befehl zum Abriss des Refugee-Camps. What next? Text: Gerfried Balzer
Warum in Österreich bei Demonstrationen keine Autos brennen, das weiß Erich Zwettler, Leiter des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung: die Sozialpartnerschaft sorge für sozialen Frieden, und auf den Straßen helfe die Polizei mit einem eigenen „unschlagbaren Modell“ nach. Zwettler spricht von der 3D-Strategie: Dialog, Deeskalation, Durchsetzung. Zentrales Element dieser Strategie sei das Gespräch, „Wir reden viel mit den Veranstaltern“, ließ er sich einmal zitieren. In der Nacht des 28. Dezember 2012 sah das Gespräch eher einseitig aus. Damals ließ der LTV-Leiter das Refugee-Camp im Wiener Sigmund-Freud-Park räumen. Über Lautsprecher gab er den Flüchtlingen fünf Minuten Zeit, die Zelte zu verlassen. Sonst folgen Anzeigen. Was den Verfassungsschützer zum Abriss des friedlichen Protestlagers der Refugees veranlasste, bleibt unklar. Von Zwettlers drei „D“ blieb im Fall der Flüchtlinge offenbar nur das Letzte übrig. Das ist insofern interessant, als ein anderes Protestcamp ganze drei Jahre im 2. Wiener Gemeindebezirk geduldet wurde. So lange wurde am Augartenspitz gegen den Bau des SängerknabenKonzertsaals protestiert. Anders als vor der Votivkirche hatte hier kein Spitzenbeamter die AktivistInnen mit wilden CampiererInnen verwechselten – tatsächlich lautete die Räumungsbegründung vor der Votivkirche auf Verstoß gegen die Campierordnung. So erzählen derartige Strategien zwischen Dialog und Durchsetzung auch von den Machtverhältnissen im Land. Die Refugees wurden recht bald abserviert, als illegale CamperInnen natürlich. Der Verfassungsrechtler Funk bezeichnete die rechtliche Grundlage der Räumung im „Standard“ wohl auch deshalb als „nebulos“.
In die Schlagzeilen geriet Erich Zwettler schon früher, im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen jene TierschutzaktivistInnen, die am Ende vom Wiener Neustädter Gericht freigesprochen wurden. Zwettler, damals noch Leiter der Soko-Bekleidung, ortete in deren Aktivitäten die Gründung einer kriminellen Vereinigung. Als nämlich die 30-köpfige Soko nach acht Monaten Lauschangriff, Observierungen und Online-Überwachungen keinerlei Beweise gefunden hatte, wurden die Ermittlungen einfach unter dem Verdacht der Gründung einer kriminellen Vereinigung fortgesetzt. Zwettler wurde für den unverhältnismäßigen Einsatz kritisiert. Schließlich selbst vor Gericht verantworten musste er sich wegen des Einsatzes einer verdeckten Ermittlerin (Deckname: Danielle Durand). 15 Monate lang hatte die Beamtin versucht, die TierschützerInnen auszuhorchen – ab 1. Jänner 2008 wäre eine Genehmigung dafür allerdings gesetzlich vorgeschrieben gewesen. Zwettler hatte zu früherem Zeitpunkt als Zeuge vor Gericht erklärt, es hätten ab dem 1. Jänner keine verdeckten Ermittlungen stattgefunden. Richterin Arleth bezeichnete das als „schlichte Schutzbehauptung“, das Verfahren gegen den Soko-Leiter wurde aber eingestellt, da der Vorwurf der Falschaussage nicht nachweisbar war.
Was blieb, ist die Kritik an scheinbar überbordenden Ermittlungen der Sonderkommission. Schon ein knappes Jahr später sollte sich dieses Muster bereits wiederholen. Nun standen vier AktivistInnen der Uni-BrenntBewegung im Fokus. Ihnen wurde Brandstiftung zur Last gelegt, das LVT sprach von verbrecherischem Komplott. Letztlich ging es um zwei brennende Mistkübel. Auch im Fall der StudentInnen wurde monatelang observiert, saßen sie mehrere Wochen in U-Haft, wurde auf dürftiger Faktenbasis der Prozess eröffnet. Und auch diesmal endete das Verfahren mit einem Freispruch. Zwettler hatte zu seinem Antritt beim LVT übrigens Rechtsextremismus zu seinen Schwerpunktthemen gezählt.